Sie thematisieren in Ihrer Frage, inwieweit es sich bei
gar nicht mal so viel um einen idiomatischen (= fest geprägten, konventionalisierten) Ausdruck handelt, und infolgedessen, ob es für diese Wortfolge überhaupt sinnvoll ist, im Rahmen einer Wortartanalyse jedes einzelne Wort einer Wortart zuzuweisen oder ob der Ausdruckscharakter bei der Wortartbestimmung Berücksichtigung finden sollte.
Bevor wir uns mit dieser Frage im Detail auseinandersetzen, möchten wir dafür argumentieren, das Adjektiv
viel aus der Betrachtung auszuklammern, da dieses nicht Teil des idiomatischen Ausdrucks ist, wie die Ersatzprobe zeigt:
Das Hotel kostet gar nicht mal so viel. (=das Hotel ist recht günstig)
Das Hotel kostet gar nicht mal so wenig. (=das Hotel ist recht teuer)
Ich finde das Hotel gar nicht mal so toll. (=mir gefällt das Hotel nicht)
Die Weglassprobe zeigt schließlich, dass das Adjektiv
viel, welches in Ihrem Beispiel wie ein Adverb verwendet wird, um die idiomatische Wendung erweitert wurde:
Das Hotel kostet viel.
Das Hotel kostet wenig.
Folglich liegt mit dem Adjektiv
viel der sogenannte Kern der Wortgruppe vor, welcher durch die Wendung
gar nicht mal so erweitert wurde. Erkennbar ist dies daran, dass der Kern der Wortgruppe bestehen bleibt, obwohl die Wendung
gar nicht mal so eliminiert wurde. Nun ist zu überlegen, inwieweit eine Wortartanalyse der einzelnen Bestandteile dieser Wendung sinnvoll ist.
Die Grundsatzfrage, inwieweit eine Wortartanalyse bei einem idiomatischen Ausdruck sinnvoll ist, soll zunächst an einem einfacheren Beispiel problematisiert werden:
ab und zu – manchmal
Nach traditioneller Wortartanalyse müsste man in Bezug auf
ab und zu festhalten:
ab = Präposition,
und = Konjunktion,
zu = Präposition. Anhand dieser Analyse lässt sich aber nicht nachvollziehen, dass die Verbindung dieser Wörter insgesamt eine synonyme Semantik mit
manchmal hat. Folglich kann man es auch für sinnvoll handeln, die Verbindung als
Adverbausdruck zu betrachten.
Betrachten wir vor diesem Hintergrund nun Ihr Beispiel. Es handelt sich bei
gar nicht mal so viel um ein einziges Satzglied, deren Kern das adverbial gebrauchte Adjektiv
viel darstellt. Alle weiteren Bestandteile erweitern diesen Kern.
Zunächst seien die Bestandteile von
gar nicht mal so im Sinne einer Wortartanalyse einzeln bestimmt:
- gar: Im Fall von gar handelt es sich um eine Variante von sogar: Das Hotel kostet gar/ sogar viel.
Die Partikel gar betont das nachfolgende Adjektiv viel. Dies legt die Klassifikation als Fokuspartikel nahe.
- so: Das Hotel kostet so viel. Auch hier betont die Partikel das nachfolgende Adjektiv näher, weshalb auch in diesem Fall so als Fokuspartikel klassifiziert wird.
- nicht: Das Hotel kostet nicht viel. Durch nicht wird das nachfolgende Adjektiv verneint bzw. das Gegenteil des Adjektivs ausgedrückt. Folglich handelt es sich hier um eine Negationspartikel.
- mal: Das Hotel kostet nicht mal viel. Die Partikel mal drückt in diesem Beispiel die Sprechereinstellung in Form von Verwunderung bzw. Überraschung aus. Folglich liegt für mal die Klassifikation als Abtönungspartikel nahe.
Diese Analyse ist nicht nur aufwändig, es stellt sich auch die Frage, ob die Leistung der Wendung insgesamt quasi additiv „zwei mal Fokus, einmal Intensität, einmal Negation“ zu verstehen ist. So kann das Beispiel
Das Hotel kostet gar nicht mal viel auch umschrieben werden mit:
Das Hotel kostet nicht sehr viel. Die Umformulierung zeigt, dass
gar nicht mal so analog verwendet werden kann zu
nicht sehr. Bei
sehr handelt es sich um einen
Intensitätspartikel, da hier die Stärke bzw. Intensität einer Angelegenheit betont wird.
gar nicht mal so ist aber nicht synonym mit
sehr, weil die Negation obligatorischer Bestandteil des Ausdrucks ist:
*gar mal so viel wäre nicht möglich. Infolgedessen kann
gar nicht mal so als
Negations-/Intensitätsausdruck betrachtet werden.