Mit Ihrer Frage thematisieren Sie das Tempus bei Nachzeitigkeit. Ihr Beispiel enthält einen vom Hauptsatz abhängigen Infinitivsatz (
Deutschland so stark zu schwächen), an den sich ein Konsekutivsatz (
dass es nie wieder […]) anschließt. Bei einem
Konsekutivsatz handelt es sich um einen Folgesatz:
Ereignis 1: Deutschland wird geschwächt.
Ereignis 2: Folglich wird es nie wieder seine vorherige Macht erlangen.
Das
so im Infinitivsatz fungiert hier als Vorreiter für den nachfolgenden Konsekutivsatz. Dadurch wird der Konsekutivsatz erwartbar (
so stark, dass…).
In Hinblick auf das
Zeitverhältnis ist das Handlungsgeschehen im Konsekutivsatz nachzeitig zu dem im Hauptsatz.
Zielte steht im Indikativ, der Wirklichkeitsform, Präteritum und leitet – der Wortbedeutung entsprechend – das Ziel des Abkommens ein.
Ob es eine „Zukunft in der Vergangenheit“ gibt, wird seit dem 20. Jahrhundert kontrovers diskutiert. Die vorherrschende Meinung ist, dass es im Deutschen wohl keine gesonderte Tempusform für die „Zukunft in der Vergangenheit“ gibt, weswegen auf Alternativen zurückgegriffen werden muss. In Ihren Vorschlägen haben Sie bereits Modalverben und den Modus Konjunktiv verwendet. Beides eignet sich als Ausdrucksmittel – Modalverben dadurch, dass sie Zukunftsbedeutung in sich tragen können,
Morgen will ich den Rasen mähen (=Wunsch, der sich auf zukünftiges Verhalten bezieht), aber es soll (=Prognose für die Zukunft) leider regnen.
und der Modus Konjunktiv durch seinen Ausdruck von Nichtfaktischem. An dieser Stelle folgt zunächst ein kurzer Überblick über den Modus, bevor es anschließend zu den Modalverben übergeht:
Verben stehen – abgesehen von dem Numerus, dem Tempus, der Unterscheidung von Aktiv und Passiv (dem Genus Verbi) – in einem bestimmten
Modus. Hier wird zwischen
Indikativ (Wirklichkeitsform),
Konjunktiv (Möglichkeitsform) und
Imperativ (Befehlsform) unterschieden.
Du gehst (Indikativ) zum Bäcker, um deiner Familie Brötchen zu kaufen.
Angenommen, du gingest (Konjunktiv II, Präteritum) zum Bäcker, um deiner Familie Brötchen zu kaufen […]
Geh (Imperativ) zum Bäcker, um deiner Familie Brötchen zu kaufen!
Ihre Wahl fiel an dieser Stelle auf den Konjunktiv. Das ist nachvollziehbar, da nach dem Hauptsatz das Ziel des Abkommens (das bis dato als irreal/ unwirklich empfunden wird, da das Ziel noch nicht erreicht ist) wiedergegeben wird. Außerdem haben Sie den Konjunktiv II verwendet – auch das ist als
Ausdruck für Vorgestelltes, Mögliches und Irreales, wie es ein Ziel zu Beginn ist, empfehlenswert.
Nun zu den
Modalverben (
dürfen, können, mögen, müssen, sollen, wollen):
Modalverben haben die Funktion, einen Sachverhalt als möglich oder notwendig zu dem Redehintergrund darzustellen. Sie dienen als Ausdrucksmittel seitens des Sprechers/ des Autors, seine Einstellung zu dem Geschehen kenntlich zu machen und auf diese Weise Wünsche, Verbote, Gebote, Zweifel usw. zu artikulieren.
Das eine Abkommen zielte darauf ab, Deutschland so stark zu schwächen, dass es nie wieder seine vorherige Macht erlangen sollte/könnte (Konjunktiv II).
Sollen wirkt an dieser Stelle sehr „verheißungsvoll“ und so, als würde ein Erwartungsbruch folgen. Die Formulierung klingt daher eher narrativ als deskriptiv.
[…] Deutschland so stark zu schwächen, dass es nie wieder seine vorherige Macht erlangen sollte… Doch dann […]
Können betont, auf Ihr Beispiel angewendet, durch den Konjunktiv (trotz der Formulierung
nie wieder) eine Möglichkeit. Der Satz ließe sich sehr einfach einschränken:
Das eine Abkommen zielte darauf ab, Deutschland so stark zu schwächen, dass es nie wieder seine vorherige Macht erlangen könnte – es sei denn…, außer…
Ohne das Abkommen in Frage zu stellen und um es als Gebot hervorzuheben, würde sich eine Kombination aus beiden Modalverben am ehesten anbieten:
Das eine Abkommen zielte darauf ab, Deutschland so stark zu schwächen, dass es nie wieder seine vorherige Macht erlangen können sollte.
(Es sollte nie wieder seine vorherige Macht erlangen können.)
Hier fällt aber schnell auf, dass die Ballung an Verben am Satzende, die der
Verbletztstellung in Nebensätzen geschuldet ist, den Leser ins Stocken geraten lässt.
Da Sie primär eine Variante gesucht haben, die den zeitlichen Aspekt, die Nachzeitigkeit, aufgreift, wäre es ratsam, auf das Modalverb zu verzichten und stattdessen das Tempus in
Futur I (werden + Infinitiv) zu setzen:
[…] Deutschland so stark zu schwächen, dass es nie wieder seine vorherige Macht erlangen würde (Konjunktiv II).
Wie zuvor angedeutet, gibt es aber durchaus Sprachwissenschaftler, die von einer „Zukunft in der Vergangenheit“ ausgehen (vgl. Thieroff 1992: S. 140-159). Angelehnt ist dieser Ansatz an das französische „Conditionnel“, ein Tempus, das aus Sicht der Vergangenheit etwas Zukünftiges ausdrückt. Für das Deutsche wird das sogenannte
FuturPräteritumI (Bildung: würde + Infinitiv) im Gegensatz zum französischen Conditionnel jedoch weitgehend auf die
erlebte Rede begrenzt (einige Textbelege sind allerdings auch in Berichten zu finden). Trotz der Zusammensetzung aus
würde (und Infinitiv) liest man das FuturPräteritumI nicht als Konjunktiv, sondern als Indikativ.
Hier ein Anwendungsbeispiel:
Sollte er es ihr wirklich sagen?
Was, wenn sie ihn zurückweisen und auslachen würde?
Egal, er musste es ihr langsam mal sagen, bevor sie sich einen anderen suchen würde!
Bezogen auf Ihren Beispielsatz:
[…] Deutschland so stark zu schwächen, dass es nie wieder seine vorherige Macht erlangen würde (FuturPräteritumI).
Dementsprechend können Sie, um
erlangen würde als Form zu rechtfertigen, auf beide Erklärungsmöglichkeiten (Futur I im Konjunktiv II/ FuturPräteritumI) zurückgreifen, wobei die erstere wohl zu bevorzugen wäre, da die letztere umstritten ist und oft auf erlebte Rede beschränkt wird.