Was sagen Sie zu "Einstufung der Türkei als sicheren/r/m Drittstaat/s"?
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Was sagen Sie zu "Einstufung der Türkei als sicheren/r/m Drittstaat/s"?
Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sprachsystem
Ihre Frage betrifft die Auswahl des Kasus bei Adjunktion. Wörter wie als und wie verbinden als Adjunktoren Wortgruppen miteinander und unterscheiden sich so von Konjunktionen, die auch Teilsätze miteinander verbinden können. Der Unterschied zu den Präpositionen besteht hingegen darin, dass sie in der Regel keinen Kasus fordern:
Die Schülerin Mara (Nominalgruppe 1 im Nominativ) als die engagierteste Klassensprecherin (Nominalgruppe 2 im Nominativ) diskutierte mit dem Schulleiter.Adjunktion bedeutet folglich Neben- oder Beiordnung; dabei werden die verbundenen Nominalgruppen in der Regel durch Übereinstimmung im Kasus markiert, wie es auch bei Appositionen der Fall ist (wir bezeichnen diese Konstruktionen mit als daher auch oft als als-Appositionen). Im Duden Band 4 „Die Grammatik“ wird aufgeführt, dass die verbundenen Nominalgruppen in der grammatischen Kategorie Kasus in der Regel übereinstimmen (Kongruenz), um zu signalisieren, dass sie sich aufeinander beziehen:
Einer Person (Nominalgruppe 1 im Dativ) wie dieser süßen Oma (Nominalgruppe 2 im Dativ) schlägt man keinen Wunsch aus.
Die Schülerin Mara (Nominativ) als die engagierteste Klassensprecherin (Nominativ)Bei einer Adjunktion wird häufig auch der Nominativ gewählt, wenn die Bezüge eindeutig sind, sodass eine Kasuskongruenz für die Herstellung der Zusammenhänge nicht zwingend notwendig ist. Der Nominativ überwiegt laut Duden Band 4 dann, wenn er sich auf eine Genitivform bezieht:
Einer Person (Dativ) wie dieser süßen Oma (Dativ)
Das Fernsehen berichtet über die Verwüstung des Orkans als der Hauptschuldige für das Verkehrschaos.In Duden Band 9 „Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle“ wird außerdem der Dativ als Option aufgeführt: Hierbei wird der Dativ als Normalkasus verstanden, an welchem Sprechende und Schreibende eine Markierung vornehmen. Der Gebrauch des Dativs ist dadurch motiviert, eine Aneinanderreihung von Genitivformen zu vermeiden:
statt
Das Fernsehen berichtet über die Verwüstung des Orkans als des Hauptschuldigen für das Verkehrschaos.
die Verwüstung des Orkans als des HauptschuldigenDer Dativ wird bei Adjunktion zwar als nicht standardsprachlich bezeichnet, jedoch liegen uns zahlreiche Fragen und Fälle vor, in denen dieser dennoch auftritt:
durch Shaolin-Kempo, einer chinesischen KampfkunstIn Ihrem Beispiel handelt es sich ebenfalls um eine solche Genitivform, welche mit einer weiteren Wortgruppe durch den Adjunktor als verbunden wird:
die Geschichte des Stephansdoms, dem Wahrzeichen Wiens
die Frau Luthers, dem Reformator
Einstufung der Türkei (Nominalgruppe 1 im Genitiv) als sicherer/n/m Drittstaat (Nominalgruppe 2 im Nominativ/Genitiv/Dativ)Sprachsystematisch betrachtet kommen folglich sowohl die Nominativform sicherer Drittstaat als auch die Genitivform sicheren Drittstaat infrage, aber auch die Dativform aufgrund der vorliegenden Aneinanderreihung von Genitiven. Um ggf. eine Tendenz zu finden, schauen wir uns im folgenden Abschnitt Daten aus dem Sprachgebrauch an.
Sprachgebrauch
Sprachgebrauchsdaten anhand einer Google-Suche zeigen folgendes Verhältnis:
Einstufung der Türkei als sicherer Drittstaat (Nominativ): 265 ErgebnisseDemzufolge bestätigen die Ergebnisse, dass sowohl der Nominativ als auch der Genitiv verbreitet auftritt, jedoch der Dativ als Normalkasus in diesem Fall keinen Gebrauch findet.
Einstufung der Türkei als sicheren Drittstaat (Genitiv): 323 Ergebnisse
Einstufung der Türkei als sicherem Drittstaat (Dativ): 0 Ergebnisse
Hinweis zu Googledaten:
Die Sprachgebrauchsdaten werden in der Regel mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die Googlesuche ist vor allem notwendig, wenn in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten nur relativ selten oder gar nicht vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:
1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.
2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.