In Ihrer Frage thematisieren Sie den Unterschied der beiden Modalverben
müssen und
sollen. Modalverben besitzen die Eigenschaft, die Bedeutung des Vollverbs in einem Satz zu modifizieren (zu verändern). Dabei können Modalverben semantisch verschiedene Aspekte hervorheben:
Ich kann in die Schule gehen. -> Möglichkeit
Ich will in die Schule gehen. -> Wünsch
Ich muss in die Schule gehen. -> Notwendigkeit
Dabei sind die einzelnen semantischen Eigenschaften nicht immer trennscharf voneinander abzugrenzen. Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle (Duden Band 9) charakterisiert
müssen als
gezwungen sein. Dieses Modalverb drückt also eine
Notwendigkeit aus, welche durch äußere Umstände hervorgerufen werden kann. Im Fall des Modalverbs
sollen wird in der Dudengrammatik (Duden Band 4) angegeben, dass hierbei
nur eine
von außen bedingte Notwendigkeit gemeint wird. Das Modalverb
müssen hingegen kann auch vom Subjekt selbst motiviert werden. Die nachfolgenden Beispiele skizzieren diese Unterschiede:
Du sollst nicht töten. -> Gesetze/ Normen
Du sollst mich lieben. -> Wille des Sprechers
Wir müssen alle sterben. -> Naturgesetze
An unserer Schule mussten sich die Schüler früher vor Schulbeginn in Reih und Glied aufstellen. -> Normen
Ich bin in mich gegangen und musste zugeben… -> innerer Zwang
Das Modalverb
sollen verweist demnach auf äußere Einflüsse, durch welche eine Handlung notwendig wird.
Müssen wird auch in diesem Kontext verwendet, kann jedoch auch durch das Subjekt selbst motiviert sein, wie das letzte Beispiel zeigt. Auch hinsichtlich der sogenannten
modalen Stärke gibt es Unterschiede.
Müssen drückt vehementer eine Notwendigkeit aus als
sollen. Nach diesen grundlegenden Ausführungen zu den beiden Modalverben soll nun Ihr Beispiel näher untersucht werden:
Die Kinder mit 6 Jahren müssen/ sollen zur Schule gehen.
Die Notwendigkeit des Schulbesuchs basiert auf einer von außen gegebenen Notwendigkeit, nämlich der Schulpflicht. Da hier keine Notwendigkeit seitens des Subjekts/ der Schülerinnen und Schüler im Fokus steht, sind unter diesem Gesichtspunkt beide Modalverben zulässig. Ausschlaggebend ist nun, wie stark Sie die Notwendigkeit herausstellen möchten:
1. Die Kinder mit 6 Jahren sollen zur Schule gehen.
2. Die Kinder mit 6 Jahren müssen zur Schule gehen.
In der zweiten Variante mit müssen wird die Notwendigkeit/ der Zwang deutlicher als in der ersten Variante. Prinzipiell wird jedoch auch in der ersten Variante eine Notwendigkeit mit
sollen ausgedrückt. Daher ist es Ihnen überlassen, wie stark Sie die Notwendigkeit herausstellen möchten. Eine Faustregel, wann welches Modalverb einzusetzen ist, kann nicht gegeben werden.