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Thema: wegen akuten Erbrechens oder wegen akutem Erbrechen

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard wegen akuten Erbrechens oder wegen akutem Erbrechen

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Kind Schule

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Kommentare IDS

    nach "wegen" in der Regel in der Schriftsprache Genitiv, jedoch wie jetzt recherchiert Ausnahmen möglich, diese Ausführungen jedoch etwas unklar

  2. #2
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    Ort
    Gießen
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    271

    Standard Rektion wegen

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    In Ihrem Beispiel geht es um das Rektionsverhalten der Präposition wegen. Rektion bezeichnet dabei die typische Eigenschaft von Präpositionen, den Kasus der auf sie folgenden Nominalgruppe festzulegen.

    Dabei ist festzuhalten, dass die Präposition wegen standardsprachlich den Genitiv verlangt. (Vgl. Dudengrammatikrandnummer 917) Setzt man die Nominalgruppe in Ihrem Beispiel in den Genitiv, dann lautet sie:

    Beispiel

    wegen akuten Erbrechens


    In der gesprochenen Sprache setzt sich jedoch zunehmend auch die Verwendung von wegen + Dativ durch. Während für das gesprochene Standarddeutsch diese Verwendungsweise bereits als korrekt eingestuft wird, ist dies in der geschriebenen Sprache nur für wenige Ausnahmefälle zutreffend, so zumindest die Einschätzung des Duden 9 („Richtiges und gutes Deutsch“). Das heißt in der gesprochenen Sprache ist auch die folgende Variante möglich:

    Beispiel

    wegen akutem Erbrechen


    Es wurde bereits darauf verwiesen, dass auch in der geschriebenen Sprache die Präposition wegen mit Dativ verwendet wird. Es gilt also nun zu überprüfen, ob Ihr Beispiel zu einem der erwähnten Ausnahmefälle gehört. Diesbezüglich lässt sich sagen, dass Ihr Beispiel nicht zu einem der im Duden 9 genannten Ausnahmefällen zählt. Exemplarisch für eine solche Ausnahme soll das folgende Beispiel erläutert werden:

    Beispiel

    wegen Geschäften verreist sein


    Laut Duden 9 wird hier der Dativ und nicht der Genitiv gewählt, da der Genitiv formal an dem Substantiv Geschäft nicht zu erkennen wäre, was auf stark flektierte Substantive im Plural zutreffend sein kann. Es heißt also nicht:

    Beispiel

    *wegen Geschäfte verreist sein.


    Wird die Nominalgruppe jedoch durch einen Artikel oder ein Adjektiv erweitert, dann lässt sich an diesem der Kasus eindeutig ablesen und es wird für die Wahl des Genitivs plädiert:

    Beispiel

    wegen der gutlaufenden Geschäfte


    Obwohl Ihr Beispiel nicht zu den genannten Ausnahmen zählt, kann dennoch auf den Dativ zurückgegriffen werden, da dieser im Sprachgebrauch so weit verbreitet ist, dass er in der Regel als korrekt eingestuft wird.
     


    Sprachgebrauch


    Welcher Kasus in Ihrem Beispielfall tatsächlich von den Sprachbenutzern präferiert wird, soll mit einer kleinen Analyse des Sprachgebrauchs gezeigt werden. Dazu wird für Ihr Beispiel nach Treffern in Cosmas II, der digitalen Belegsammlung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), und Google gesucht. Dabei ergibt sich das folgende Bild:

    GoogleCosmas II
    wegen akuten Erbrechens ca. 9 Treffer 0 Treffer
    wegen akutem Erbrechen ca. 27 Treffer 0 Treffer
    wegen des ca. 16.200.000 Treffer ca. 320.549 Treffer
    wegen dem ca. 5.840.000 Treffer ca. 9.323 Treffer
    wegen eines ca. 6.790.000 Treffer ca. 113.115 Treffer
    wegen einem ca. 551.000 Treffer ca. 1.964 Treffer

    Die Trefferzahlen für Ihr Beispiel sind relativ gering und zeigen eine minimale Tendenz zur Wahl des Dativs. Um einen größeren Einblick zu bekommen, wurde deswegen auch nach zwei weiteren Varianten gesucht. Diese zeigen, dass der Genitiv im Sprachgebrauch zumindest für die genannten Fälle dominiert. Daneben fällt jedoch auf, dass die Wahl des Dativs zwar geringer ist als die des Genitivs, sie ist aber so hochfrequentiert, dass man davon ausgehen kann, dass die Beurteilung Ihres Beispiels im Sprachgebrauch schwankt, aber tendenziell beide Varianten möglich sind.

    Hinweis zu Googledaten: Die Sprachgebrauchsdaten werden mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die ergänzende Googlesuche ist notwendig, da in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten häufig nur relativ selten vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:

    1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.

    2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.
     

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    Geändert von Jacqueline Weiß (07.02.2016 um 10:03 Uhr)

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